Jetzt hat mich doch glatt ein Artikel der Mai-Ausgabe von „managerSeminare“ vom Stuhl gerissen. Unter dem Titel „Werte bleiben in Change-Projekten häufig auf der Strecke“ war dort folgendes zu lesen: „[…] Obwohl 69% der Befragten [Mitarbeiter] zustimmen, dass ihren Unternehmen Werte generell wichtig sind, geben nur 53% an, dass Werte in Veränderungsprozessen denselben Stellenwert einnehmen.“ Werte wie z.B. Wertschätzung, Transparenz und Fairness würden in Change-Prozessen am Häufigsten auf der Strecke bleiben. „Die Studienautoren raten den Unternehmen daher, dem Werteverlust durch interne Revision, Zufallsprüfungen oder externe Bewertungen entgegenzuwirken“.
Oh mein Gott!
Was hat meine Berufskollegen geritten, zu behaupten, man könne Werte von der internen Revision überprüfen lassen? Haben die schon mal in einem Unternehmen gearbeitet? Wissen sie, wie Unternehmen funktionieren?
Aber es kommt noch schlimmer: „Bei einer Verletzung der festgelegten Normen [Werte] sei dann eine konsequente und transparente Sanktionierung gefragt.“
Klingt nach Wertediktatur von Wertefanatikern, oder?
Meine Replik auf diesen Artikel:
Werte können nicht verordnet werden. Werte werden zum Leben erweckt, indem sie innerhalb des Unternehmens ausdiskutiert und von den Führungskräften vorgelebt werden. Wie ein Werte-Kodex in einem Unternehmen implementiert wird, habe ich in DIESEM ARTIKEL aufgezeigt.
Werte entziehen sich ferner einer objektiven Überprüfung und Kontrolle. Werte entstehen durch individuelle Sozialisation und durch emotionales Erfahrungslernen. Werte werden daher von verschiedenen Menschen unterschiedlich verstanden und gelebt. Werte-Kontrolle nimmt Menschen ihre Individualität und ist daher als Gesinnungsdiktatur abzulehnen. Im Übrigen wäre ich neugierig, was Arbeitsrechtler von der Werte-Kontrolle und Sanktionierung halten.
Nichtsdestotrotz sind Werte natürlich von enormer Bedeutung für Change-Prozesse. So bedeutend, dass eine Wertediskussion unverzichtbarer Bestandteil von Change-Prozessen sein muss. Warum?
Werte sagen uns, wie wir denken möchten. Ein Change-Prozess ist daher eine super Gelegenheit, zu hinterfragen, wie das Unternehmen in der Vergangenheit gedacht hat, warum so gedacht wurde und zu welchem Resultat das geführt hat. Da ein Change-Prozess neue Ziele anvisiert, müssen Werte – die nichts anderes als gut verankerte Denkmuster sind – neu gedacht werden. Die Fragen, die es zu stellen gilt, lauten daher: Wie wollen wir in diesem Unternehmen in Zukunft denken, um andere Resultate zu erzielen? Welche neuen Gedanken wollen wir daher wertschätzen?
Werte bestimmen aber nicht nur, wie wir denken, sondern in letzter Konsequenz auch unser Handeln. Sie bestimmen, was wir tun – und vor allem, dass wir es situationsadäquat tun. Werte machen uns damit zu kompetenten Menschen.
Und die brauchen wir in Change-Prozessen, oder?
Mehr über #Werte, #Kompetenzen und #Unternehmenskultur bald hier im Werte-Blog. Probiert auch den WERTE-ASSISTENTEN aus, um euer Wertegerüst und eure Kompetenzen zu verstehen.