Die Top 10 Skills in der Arbeitswelt

Ein rezenter Report des World Economic Forum listet jene Kompetenzen auf, die angeblich in der Arbeitswelt 2020 von besonderer Bedeutung seien. Ich stelle mir schon seit längerem die Frage, ob es sich bei diesen „Top 10 Skills“ tatsächlich um Anforderungen von Unternehmensführern an ihre Mitarbeiter handelt – oder ob das praxisferne Postulate von Denkfabriken sind, die eine bestimmte Management-Gesinnung predigen. Um diese Frage zu beantworten, habe ich einen Blick in meine laufende Studie „Werte und Kompetenzen in der Arbeitswelt 2020“ geworfen und greife auf eine rezente Umfrage unter Personalverantwortlichen zurück.

„Complex Problem Solving“: die Nummer 1 Kompetenz laut dem WEF. Unbestritten wird unsere (Arbeits-)welt immer komplexer. Für mich stellt sich im Zusammenhang mit Komplexität immer die Frage, ob Arbeitnehmer Komplexität lösen können müssen – oder sie schlichtweg aushalten können müssen. Zweiteres wäre für mich fast die wichtigere Kompetenz in einem modernen Berufsumfeld. Was das World Economic Forum mit „complex problem solving“ anspricht, sind insbesondere diese zwei Kompetenzarten: a) die notwendige Fachkompetenz zur Problembearbeitung und b) die Umsetzungskompetenz zur Problembeseitigung. Meine Studie zeigt auf, dass Unternehmen zwar nach wie vor auf Fachkompetenz großen Werten legen. Allerdings ist die Umsetzungskompetenz (d.i. die Fähigkeit, rasch vom Denken und Tun zu kommen) mittlerweile noch bedeutsamer – und sie wird an Bedeutung weiter zulegen. Warum? Zunehmende Komplexität lähmt unsere kollektive Handlungsfähigkeit, daher wird der Wunsch nach handlungskompetenten Mitarbeitern immer größer.

„Critical Thinking“: die Nummer 2 unter den Top-Kompetenzen des WEF. Ganz ehrlich – ich habe in meiner 30-jährigen Berufslaufbahn echt wenige Unternehmen kennengelernt, die von ihren Mitarbeitern kritisches Denkvermögen gefordert oder sie dafür sogar belohnt hätten. Tatsächlich wird kritisches Denken im Zeitalter der plakativen und simplen Wahrheiten, die uns an jeder Ecke serviert werden, immer wichtiger. Wer seinen „Hausverstand“ in die Arbeitswelt einbringt, dem gehört die Zukunft.

„Creativity“: die Nummer 3 unter den Top-Kompetenzen des WEF. Meine Studie zeigt, dass Arbeitnehmer ihre Unternehmen als wenig kreativ bzw. kreativitätsfördernd sehen. Dabei ist Kreativität ein wichtiger Baustein für Innovation - mit der es allerdings laut meiner Studie auch nicht weit her. Für die Unternehmen in meiner Studie ist Kreativität keine Top-Priorität.

„Judgement and Decision Making“: Unsere Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, ist in komplexen Situationen stark beeinträchtigt. Umso wichtiger ist es für das Überleben der Unternehmen, handlungsbereite und entscheidungsfreudige Mitarbeiter zu haben. Allerdings brauchen entscheidungsfreudige Menschen auch das nötige Handlungspouvoir. Meine Studie offenbart, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht in dem Maße mit Entscheidungsmacht ausstatten, wie diese es bräuchten, um ihre Arbeit gut verrichten zu können.

„Service Orientation“: Es sollte sich bereits herumgesprochen haben, dass es wertvoll sein könnte, den Kundennutzen in den Vordergrund zu stellen. Meine Studie deutet darauf hin, dass österreichische Unternehmen hier im Vergleich zu deutschen und schweizerischen deutlichen Aufholbedarf haben.

„Cognitive Flexibility“: Führungskräfte beklagen tatsächlich häufig, dass es ihren Mitarbeitern an der Fähigkeit mangle, „um die Ecke zu denken“. Ein probates Gegenmittel, vor allem in traditionell-hierarchischen Strukturen, wäre die Erweiterung von Entscheidungsspielräumen. Organisationale Flexibilität fördert auch die kognitive Flexibilität der Mitarbeiter.

Das World Economic Forum sieht weiters folgende Skills als sehr wichtig an: „people management“; „coordinating with others“; „emotional intelligence“ und „negotiation“. Was diese „soft skills“ angeht, kommt meine Studie zum Schluss, dass Sozialkompetenz eher ein Postulat ist, als dass sie wirklich in Unternehmen gelebt wird. Andere Eigenschaften und Fähigkeiten, die für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (angeblich) wichtiger sind, genießen in den Unternehmen noch immer Vorrang.

Mehr über #Kompetenzen bald in meiner Studie…

 

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